Dokumentationsreihe: „So oder so ähnlich“

Mediation im Leitungsteam

Wir möchten euch einen Einblick in unsere Arbeit geben. Alle geschilderten Fälle sind fiktiv und doch real … so oder so ähnlich können Mediationen verlaufen.
Für viele Menschen ist Mediation ein noch unbekannter Begriff. Wir möchten in dieser Blogreihe etwas Licht ins Dunkel bringen und euch anhand von Beispielfällen einen Einblick in unsere Arbeit geben.

1. Die Kontaktaufnahme

Eine Mediation beginnt immer mit einer Kontaktaufnahme, für die es ganz unterschiedliche Gründe und Kontexte geben kann.
In diesem Fall war der Grund der Kontaktaufnahme bei ErkenneNeueWege der Konflikt zwischen einem Standortmanager und einem Abteilungsleiter in einem Unternehmen. Es hatte eine Veränderung in der Unternehmensstruktur gegeben, durch die neue Hierarchieebenen eingefügt wurden.
Der Vorstandsvorsitzende des Unternehmens kontaktierte uns, da der Konflikt nicht mehr tragbar war und deshalb eine der beiden Konfliktparteien das Unternehmen werde verlassen müssen, wenn keine Lösung gefunden würde. Das Ziel des Vorstands war jedoch ganz klar: Beide Mitarbeiter sollten bleiben.

2. Themen erfassen und klar benennen

In einer Mediation bekommt jede:r Mediand:in (das sind die Personen, die an dem Konflikt beteiligt sind) die Möglichkeit, seine Sicht der Dinge zu Schildern. Aus diesen Schilderungen werden dann die gemeinsamen, zu bearbeitenden Themen abgeleitet.

Die Konfliktthemen des Abteilungsleiters in diesem Fall waren:

  • respektiert zu werden
  • Kontrolle durch Geschäftsstellenleiter
  • inhaltliche Veränderungen sollen langsam eingeführt werden
  • Trauer um die Veränderung des Unternehmens (von einem Unternehmen in familiär geführtem Stil hin zum großen Wirtschaftsunternehmen)

Die Konfliktthemen des Standortmanagers in diesem Fall waren:

  • respektiert zu werden
  • Informationen zu erhalten
  • strukturelle Veränderungen sollen akzeptiert und ausgeführt werden
  • Unsicherheit in puncto der eigenen Entscheidungsbefugnisse
  • große Lust, das Unternehmen ganz weit nach vorne zu bringen
  • Anhand dieser Themen leiten wir als MediatorInnen dann durch den Klärungsprozess.

3. Der Wendepunkt

In (fast) jeder Mediation gibt es irgendwann diesen einen Moment… er wird Wendepunkt genannt. In diesem Moment verändert sich die Schwingung im Raum, die Herzspitzen können sich wieder berühren und eine Veränderung bei den Mediand:innen wird spürbar.
Zu Beginn war die Mediation von gegenseitigen Vorwürfen geprägt. Als der Standortmanager es schaffte, seine Bedürfnisse und Gefühle zu offenbaren, kam es zum Wendepunkt in der Mediation.
Denn neben der Abhängigkeit, mit dem Abteilungsleiter gut zusammenzuarbeiten, um alle wichtigen Informationen zu erhalten, berichtete er auch von den eigenen Unsicherheiten und Herausforderungen in Bezug auf die Beziehungen zur Geschäftsleitung, dem Vorstand und den anderen Kollegen. Als der Abteilungsleiter dies alles hörte und die Möglichkeit bekam, die Position des Standortmanagers zu verstehen, konnte er sich dafür öffnen, einen gemeinsamen Lösungsweg zu finden. Dem Abteilungsleiter wurde deutlich, dass durchaus die Möglichkeit bestand, die Zukunft des Unternehmens durch die Zusammenarbeit mit dem Standortmanager mitzugestalten.
So konnte die eine Konfliktpartei von der rein emotional gekränkten Haltung zurück in die professionelle Haltung wechseln, während die andere Konfliktpartei von der professionellen Hierarchiehaltung in eine zugewandte Beziehungsebene mit geklärter Position wechseln konnte.

4. Lösungen finden

Am Ende einer Mediation, wenn eine Klärung des Konflikts stattgefunden hat, geht es an die Lösungsfindung. Hier erarbeiten die Beteiligten Mediand:innen gemeinsame Lösungen/Vereinbarungen für die Zukunft.

So sah es in unserem Beispiel aus:
Die Medianden vereinbarten, dass ab sofort im regelmäßigen Wechsel Meetings zu zweit und mit der Geschäftsleitung abgehalten werden.
Der Abteilungsleiter fertigt Protokolle an, wenn es neue Abläufe oder Programme gibt. Diesen Protokollen ist zu entnehmen, welche Änderungen es gibt und wann welcher Mitarbeiter darüber informiert wurde. Beide Konfliktparteien unterzeichnen diese Protokolle.
Der Standortmanager verzichtet darauf, immer unverzüglich über die Arbeitsschritte des Abteilungsleiters informiert zu werden und wartet damit bis die Meetings stattfinden.
Der Standortmanager klärt mit der Geschäftsleitung und dem Vorstand die Entscheidungsbefugnisse, Verantwortungsbereiche und entsprechende Grenzen genau ab.

5. Fazit und Haltung

Wenn eine Unternehmenskultur Mitarbeitenden, egal in welcher Position, die Möglichkeit gibt, sich mit der Philosophie und dem Leitbild sowie der ihnen aufgetragenen Aufgabe zu identifizieren und ihre Individualität im Sinne des Unternehmens einzubringen und auszuleben, dann haben diese Unternehmen die Chance, ein kraftvolles Team aufzubauen, gesunde Mitarbeitende zu haben und Stabilität in ihrer Unternehmenskultur zu etablieren.

Es ist nachgewiesen, dass Konflikte am Arbeitsplatz durchschnittlich 15% der täglichen Arbeitszeit binden. Führungskräfte wenden 30% bis 50% ihrer wöchentlichen Arbeitszeit indirekt oder direkt für Konflikte und Konfliktfolgen auf. Insgesamt beträgt der volkswirtschaftliche Schaden durch Konflikte in Deutschland nach Schätzung des Instituts der deutschen Wirtschaft 50 Milliarden Euro jährlich.